„Und Daniela, hast du denn schonmal Chapatiteig gemacht?“ „Aber klar doch, erst letzte Woche…“, antwortete ich voller Zuversicht, denn ich liebe die indischen Fladenbrote, vor allem wenn sie frisch gebacken sind. Doch als ich im nächsten Augenblick den riesigen Berg von mindestens 4 kg Mehl erblickte – fügte ich kleinlaut hinzu „ja, aber eigentlich eher für den privaten Gebrauch…“.
Kochen ohne Rezept und Mengenangabe, dem Bauchgefühl folgen, das mache ich ja eigentlich sehr gerne, aber die Grössenverhältnisse einer professionellen Betriebsküche knabberten dann doch an meinem Selbstvertrauen. Letzte Woche durfte ich als Küchenpraktikant an der Europäischen Akademie für Ayurveda in Birstein dem sympathischen Küchenchef Gregor von Holdt über die Schulter schauen. Und eines kann ich vorab sagen, es hat unheimlich Spass gemacht, ich habe viel gelernt und ich kam mit einem Koffer voller Ideen und Inspirationen nachhause.
Und wie ging es mit den Chapatis weiter? Tja, ich krempelte die Ärmel hoch, fasste meinen Mut und vertraute darauf dass ich, als echte Bäckerstochter, doch sicherlich auch diesen Mehlberg meistern werde. Der Erfolg dieses Teigs wird an seiner „Ohrläppchen-Qualität“ gemessen, diese Geschmeidigkeit zu erreichen war mein Ziel. Ich dachte an die Frauen die ich in Indien gesehen hatte, mit welcher Eleganz und Grazie diese Inderinnen in Windeseile mit nur ein paar Fingern den Chapatiteig kneteten, ohne dabei auch nur den kleinesten Mehlstaub an ihrem seidenen Sari zu hinterlassen. Allein der Anblick war ein Genuss. Ein Trick der mir in Erinnerung geblieben ist, anfangs nur mit einer Hand ins Mehl greifen, die andere soll sauber bleiben um das warme Wasser nachzugiessen. Also ganz so graziös und fleckenfrei habe ich es nicht geschafft, aber durch andächtiges und kräftiges Kneten ist mir am ersten Arbeitstag die „Mission Chapatiteig“ gelungen. Aber jetzt begann erst die richtige Arbeit – Fladen formen und knusprig backen bis sich dunkle Flecken auf dem Fladenbrot bilden. Glücklicherweise musste ich nicht gleich die komplette Menge verarbeiten. Je länger der Teig ruht, desto geschmeidiger wird er, und dieser riesige Klumpen war erstmals ausreichend für die nächsten zwei Tage, uff!
Eine meiner täglichen Aufgaben war es, um einen grossen Topf goldfarbenen Mung-Dal anzusetzen. Das Mörsern und Rösten der Gewürze finde ich einen sehr sinnlichen, fast schon meditativen Prozess den ich wirklich geniessen kann. Die Hauptaufgabe des Küchenteams lag darin die anwesenden Kurgäste kulinarisch zu versorgen. Ein Therapeuten-Team begleitete die Kur und die angebotene Kost musste natürlich mit den restlichen Behandlungen Hand-in-Hand gehen. Ein „no-go“ bei jeder Ayurveda-Entschlackungskur sind Rohkost, Milchprodukte, schwer verdaubare Speisen und auch alle zu sauren und scharfen oder anregende Gewürze wie Chili, Knoblauch oder Zwiebeln. Während der Kur sollen alle Speisen eher mild gewürzt, saftig zubereitet und gut gekocht werden. Das soll aber sicher nicht heissen dass der Menüplan eintönig oder gar langweilig wirken muss. Und genau darin liegt in meinen Augen die grosse Herausforderung einer ansprechenden und wirkungsvollen Heilkost. Trotz limitierter Zutaten- und Gewürz-Auswahl kamen neben dem täglichen Mungdal genussvolle Variationen auf den Tisch, oftmals stand ich staunend am Herd und war über die Leichtigkeit der Zubereitung fasziniert. So gab es z.B. marinierter Chicorée aus dem Ofen, oder auch eine Auberginen-Lasagne, ganz ohne Nudelteig und auch ohne Tomaten, die aber mit ihre Oregano-Würze an den letzen Italien-Urlaub erinnerte ohne dabei schwer im Magen zu liegen.
Je näher das Wochenende rückte desto lebendiger und quirliger wurde es in der Küche und auch am gemütlichen Vorplatz der Akademie. Es reisten die Teilnehmer diverser Seminare sowie mehrere Dozenten an, und auch diese hungrigen Mäuler mussten verköstigt werden. So wurden die Töpfe immer grösser und die Kochlöffel immer länger.
Freitag war dann der grosse Tag für mich – als Abschluss meiner Ausbildung zum Ayurvedakoch galt es eine komplette Menüabfolge zusammenzustellen und natürlich auch in die Tat umzusetzen. Zuversichtlich betrat ich am Morgen die Küche und wieder waren es die unerwarteten Grössenverhältnisse, die mich aus der Fassung brachten. So hat sich kurzerhand die Gästezahl fast verdoppelt, und die geplante Zubereitungsart für die Beilage war bei dieser Menge nicht mehr möglich. Und jetzt? Wie soll ich das alles bis zum Mittagessen schaffen? In mich gehen…Mantra summen… und erstmal Mung-Dal aufsetzten, das beruhigt. Und so war es dann auch. Das Küchenteam stand mir zur Seite und unter meiner Regie konnten wir pünktlich zur Mittagszeit ein feines Menü auftischen. Nachdem alle Mengen gut berechnet und keine hungrigen Gäste mehr in Sicht waren fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich schöpfte mir eine grosse Portion und setzte mich auf den sonnigen Vorplatz unter den Walnussbaum. Ich war einfach nur zufrieden und dankbar – yezz, I did it!
Natürlich muss der gesamte Kochablauf und die Rezepte noch schriftlich dokumentiert werden, aber da tippen ja fast schon meine dritte Lieblingsbeschäftigung neben Kochen und Yoga ist, werde ich auch diese Hürde meistern. Unerwartete Grössen- oder Mengenverhältnisse werden mich wohl bei dieser letzten Aufgabe nicht mehr hinterlistig überraschen.
Ganz liebe Grüße, find ich toll!! Herzlich Margot
Danke Margot – liebe Grüsse zurück!!
Respekt und Glückwunsch Daniela, aber nachdem wir zusammen letzten November eine Woche bei Udo zusammen gekocht haben und ich deine Kochseite gesehen habe, konntest du das nur super hinbekommen. LG aus dem hohen Norden. Conny
Liebe Conny, herzlichen Dank für deine Nachricht, es freut mich wenn dir die Seite gefällt. Dir auch noch viel Spass bei all deinen “Küchengeschichten” :), liebe Grüsse, Daniela